Solidarität mit Geflüchteten in der Krise (Veranstaltung des Bürger*innenasyls Münster)

Vortrag & Diskussion sowie Vorstellung des Bürger*innenasyls

Donnerstag, 08.10.2020 um 19.30-21:00 Uhr in der KSHG, Frauenstr. 3-9, Aula

Veranstaltet von der Initiative Bürger*innenasyl Münster

Solidarität mit Geflüchteten ist eine humanitäre Pflicht! Während dieser Satz Normalität sein sollte, zeigt sich immer wieder, sei es an den europäischen Außengrenzen, am europäischen Grenz- und Abschottungsregime oder auch an der Internierung Geflüchteter in Lagern, dass die Realität eine andere ist. Diese repressive Politik europäischer Staaten führt wiederholt zu humanitären Katastrophen, wie der Brand im Lager Moria erneut deutlich gemacht hat. Auch innerhalb der deutschen Grenzen zeigen der Ausbau von Sammelunterkünften, die Fortführung von Abschiebungen auch in Zeiten von Corona und der erstarkende Rechtsextremismus die Notwendigkeit zivilgesellschaftlicher Solidarität mit Geflüchteten auf. Doch der Korridor der Möglichkeiten verengt sich, nicht nur angesichts der geltenden Corona-Verordnungen. Eine zunehmende Erschwernis und sogar Kriminalisierung der Unterstützung Geflüchteter lässt sich beobachten. Aus diesem Grund wollen wir mit euch über Möglichkeiten der praktischen Solidarität mit Geflüchteten (mit einem Schwerpunkt auf Münster und NRW) diskutieren und aktuelle Entwicklungen in der Asylpolitik betrachten. Der Abend soll ebenfalls Raum bieten, das Konzept des Bürger*innenasyls als Form der praktischen Solidarität mit Geflüchteten zu diskutieren.

Kundgebung vor der ZUE am 5. Juli

Am Samstag, den 04.07.2020, folgten ca. 100 Menschen dem Aufruf vom Bündnis gegen Abschiebungen, Seebrücke Münster, Münster Stadt der Zuflucht und uns sich an zwei Kundgebungen und einer Fahrraddemo gegen die Wiederaufnahme von Abschiebungen zu beteiligen.

Die Demo begann vor der Ausländerbehörde und anschließend fuhren alle Teilnehmenden gemeinsam mit dem Fahrrad zur Zentralen Unterbringungseinrichtung am Albersloher Weg. Dort stießen auch viele Bewohner*innen der Unterbringungseinrichtung zu uns und beteiligten sich mit Redebeiträgen. Auch wir beteiligten uns mit einem Redebeitrag, der im Folgenden nachzulesen ist:

Es ist Corona und ihr schiebt ab!? So lautet der Titel dieser Demo. Er bringt auf den Punkt: die gesellschaftliche dauerhafte Krisensituation wird durch Corona verschärft. Und diese  Krise wird durch die Entrechtungspolitik gegenüber Geflüchteten weiter vorangetrieben.

Wenn wir heute hier den Abschiebestopp fordern, ist das zum einen die Reaktion darauf, dass trotz Corona-Pandemie seit dem 15. Juni wieder Abschiebungen stattfinden. Das können und wollen wir nicht hinnehmen! Zum anderen ist diese Abschiebestopp-Forderung zugleich auch der Versuch anhand dieser staatlichen Entrechtungspraxis die unmenschliche Funktionsweise der bürgerlichen Gesellschaftsform im Kapitalismus aufzuzeigen und zu kritisieren – um eine andere Gesellschaft darüber hinaus denkbar zu machen.

Die Zahl der Abschiebungen  seit dem 15. Juni war zunächst gering, steigt nun aber wöchentlich. Das BAMF  hat bekannt gegeben, dass in die Anrainerstaaten auf dem Landweg Dublin-Überstellungen stattfinden sollen und schrittweise dann Luftweg-Abschiebungen in Angriff genommen werden. Das Karussell der Entrechtung und des Schreckens dreht sich also weiter, genau wie vor Corona. Mit dem Unterschied, dass die Bewohner*innen in den Lagern extrem anstrengende Wochen in der Zwischenzeit hatten, einige Lager in NRW standen komplett unter Quarantäne.

Die Bedingungen die die Menschen erwarten in den Ländern in die sie abgeschoben werden, sind oftmals miserabel. Denn nicht erst mit Corona sind die Aufnahme- und Lebensbedingungen in vielen EU-Staaten inhuman.

Derzeit wissen wir schon von Dublin-Abschiebungen nach Belgien aus dem Lager Schöppingen, das 30 km von Münster entfernt liegt. Die Zentrale Ausländerbehörde scheint alles daran zu setzen, mit der Abschiebestatistik hinterher zu kommen.

Und sie sät damit Angst, Perspektivlosigkeit und (Re-)Traumatisierung bei den von Abschiebung Betroffenen.

Wir als Bürger*innenasyl-Initiative in Münster und bundesweit vielen anderen Städten haben uns zum Ziel gesetzt, Menschen in dieser Situation solidarisch zu unterstützen.

Das Bürger*innenasyl ist eine Praxis Zivilen Ungehorsams um Geflüchtete zu schützen, die von Abschiebungen bedroht sind. Das heißt, Menschen hier in Münster nehmen von Abschiebung bedrohte Geflüchtete bei sich auf und deklarieren öffentlich, dass sie diesen Regelübertritt aus humanitären Gründen tun. Denn was nicht legal ist kann dennoch legitim, also geboten sein angesichts der Abschiebemaschinerie.

Wir unterstützen Menschen ohne Papiere in den praktischen Dingen des Alltags und versuchen durch die politische Bürger*innenasyl-Kampagne dafür Öffentlichkeit zu schaffen. Denn faktisch werden Geflüchtete ohne Status in ihren Communitys und in solidarischen Wohngemeinschaften schon seit langem geschützt. Neu ist nun, dies öffentlich zu machen und dem dadurch Legitimität zu verschaffen. 

Durch das Bürger*innenasyl kann Solidarität im doppelten Sinne konkret werden: In der Unterstützung von illegalisierten Menschen ohne Zugang zum Gesundheitssystem, Arbeit und Bildung und in der politischen Sichtbarmachung und Kritik der behördengemachten rassistischen Menschenverachtung.

Es ist in der aktuellen Situation wichtig, auf die Lage von Menschen ohne und mit prekärem Status aufmerksam zu machen. Denn gerade in der Coronakrise bleibt ihre Situation weiterhin unter hohem Druck. Hierfür Öffentlichkeit zu schaffen ist jetzt wichtig. Deswegen sind wir heute hier.

In ein paar Wochen wird die Abschiebemaschine wieder regulär laufen, so wie es das anfanghaft jetzt schon tut. Dann wird es vor allem zu Tausenden Dublin-Abschiebungen kommen. Darauf müssen wir uns jetzt vorbereiten. Das heißt, wir bereiten uns jetzt darauf vor, wie wir durch das Bürger*innenasyl eine größere Anzahl von Menschen schützen vor Abschiebungen. Auch wenn unsere faktischen Kapazitäten nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind.

Hierfür braucht es konkrete Unterkünfte. Es braucht aber auch die Rückendeckung für diese Praxis in der Öffentlichkeit.  Leute können unsere Erklärung unterzeichnen und sich zum Bürger*innenasyl bekennen. Es liegen hier Listen aus, in denen ihr unseren öffentlichen Aufruf zum Bürger*innenasyl unterschreiben könnt. Promis könnten dazu aufrufen, wir könnten eine Plakataktion hierzu machen in unserer Stadt, in Briefkästen flyern usw.

Und: Derzeit gibt es einen Kriminalisierungsversuch gegen einen Bürger*innenasyl-Aktivisten aus Hanau, der im Impressum unserer bundesweiten Homepage steht. Er soll nun wegen Aufruf zu Straftaten angeklagt werden. Davon können und wollen wir uns nicht einschüchtern lassen. Denn das Bürger*innenasyl ist gerade jetzt bitter nötig.

Lasst und mutig sein!

Lasst uns Bürger*innenasyle auf die Beine stellen!

Lasst uns Solidarität gerade in dieser Krisensituation praktisch werden lassen!

Und vor allem: organisieren wir uns!

Halten wir ihrer Abschiebemaschinerie entgegen: No Border, No Nation, Stop Deportation!

Aufruf zur Kundgebung vor der ZUE am 26.06.2020

Aufruf von der Initiative Bürger*innenasyl Münster, Bündnis gegen
Abschiebungen Münster, Münster Stadt der Zuflucht und Seebrücke Münster:

Es ist Corona und ihr schiebt ab?!

Für einen sofortigen Abschiebestopp! #LeaveNoOneBehind

+++ Fahrraddemo Münster am Samstag, 4. Juli 2020, 14:00 bis 17:00 Uhr,
vom Ludgeriplatz zur ZUE am Albersloher Weg 450 in Münster +++

Seit dem 15. Juni gelten für EU-Länder keine Reisebeschränkungen mehr.
Trotz der drastischen Maßnahmen während der Corona-Pandemie, die
weiterhin die Welt in Atem hält, ist man nun in der Asylpolitik zu
einem schnellen »business as usual« zurückgekehrt: Innereuropäische
Dublin-Abschiebungen finden nun wieder statt, in Kürze auch in
Herkunftsländer – obwohl für einen wirklichen Schutz von Geflüchteten
niemand garantieren kann.
Manche Länder, besonders im globalen Süden, stehen erst am Beginn einer
möglichen Ausbreitung des Corona-Virus. Besonders problematisch ist die
Lage im Fall der Ausbreitung der Pandemie in den Ländern Afghanistan,
Somalia, Bangladesch, DR Kongo, Eritrea und Syrien. Im Iran und
Nordmazedonien droht je eine zweite und größere Infektionswelle. Und
dennoch besteht der politische Wille, verstärkt wieder Abschiebungen zu
organisieren, auch um in der BAMF-Jahresstatistik Ende 2020 keinen
signifikanten Rückgang von Abschiebungen verzeichnen zu müssen.
Doch auch in den Lagern bei uns ist die Situation durch die Corona-Krise
nach wie vor angespannt. Nach der Quarantäne von sechs Lagern in NRW und
den damit verbundenen massiven Einschränkungen für die Betroffenen macht
sich jetzt die Angst vor Abschiebungen wieder breit – erst Recht da
Abschiebefristen durch den kurzzeitigen Corona-Lockdown-Abschiebestopp
(März-Juni) nun von neuem beginnen und daraus nun eine lange
Perspektivlosigkeit folgt.
Diese Zustände zeigen, wie die Entrechtungspolitik gegen Geflüchtete
auch in der Corona-Krise ausgeweitet wird. Diese Zustände sind Ausdruck
der gewaltfömigen Verhältnisse, in denen wir alle leben.
Das können und wollen wir nicht akzeptieren und fordern deshalb einen
sofortigen Abschiebestopp!

Wir organisieren unsere Solidarität gegen diese Entrechtung und gegen
die Ausbreitung der Angst in den Lagern. Das Bürger*innenasyl ist dabei
eine wichtige Kampagne, um Menschen konkret in Privatwohnungen vor
Abschiebung zu schützen und durch diesen zivilen Ungehorsam ein
solidarisches Zeichen gegen die staatlich betriebene Inhumanität zu
setzen.

Kommt deshalb zu unserer Fahrraddemo am Samstag, 4. Juli 2020 um
14:00-17:00 Uhr in Münster!

14 Uhr Kundgebung vor der Ausländerbehörde am Ludgeriplatz mit
Redebeiträgen

Danach Fahrraddemo zur Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) am
Albersloher Weg 450, 48167 Münster

Vor der ZUE werden Bewohner*innen aus dem Lager berichten, es gibt
ein Pressefoto und wir lassen die Demo mit Musik ausklingen gegen 17:00
Uhr.

Fotoaktion #Leavenoonebehind

Wir freuen uns sehr darüber, die Ergebnisse der ersten Fotoaktion des Bürger*innenasyls veröffentlichen zu können! Vielen Dank an alle Menschen, die mitgemacht und ihre kreativen Fotoideen eingebracht haben. Gerade jetzt, in einer Zeit sozialer Isolation und eines Rückzugs in Private, ist ein erneutes Bekenntnis zum Bürger*innenasyl von großer Bedeutung. Daher wollen wir mit dieser Fotoaktion ein solidarisches Zeichen setzen und zeigen „Wir haben Platz“ für weitere Menschen in unseren Häusern und Wohnungen! „Leave no one behind“!

Aufruf zur Fotoaktion

Nehmt ein Foto von euch und/oder den Menschen mit denen ihr zusammen in einer Wohnung lebt auf. Auf dem Foto solltet ihr ein Schild halten auf dem folgender Spruch steht: „Wir haben Platz! #Leave no one behind“. Alternativ könnt ihr auch gerne einen Spruch selbst erfinden, der eure Bereitschaft beschreibt, das Bürger*innenasyl zu unterstützen und der inhumanen Lagerunterbringung entgegenzutreten. Mit dem Foto als digitale Signatur verpflichtet ihr euch nicht Menschen aufzunehmen, sondern äußert eure Solidarität mit denen, die es tun. Schickt das Foto dann an folgende Adresse: waschi@riseup.net Es wird am 27. Mai auf dieser Seite veröffentlicht.

Immer mehr Geflüchtete sind und werden in Deutschland in Massenunterkünften untergebracht. Unter dem Namen Ankerzentren, Zentrale Aufnahmeeinrichtungen oder Sammelunterkünfte geistern Begriffe umher, die vor allem eine Bedeutung haben: die Unterbringung von Menschen in Lagern zwecks Kontrolle und sozialer Ausgrenzung. Immer mehr Asylsuchende werden in solchen Lagern untergebracht und erfahren dadurch soziale Isolation, psychische und physische Belastung sowie Entmündigung, während sie unter menschenunwürdigen Umständen leben. Im Zuge der Corona-Krise hat sich die Situation der in Lagern Untergebrachten zusätzlich verschärft. Auch für die Massenunterkünfte in denen Geflüchtete untergebracht sind, gelten die Regeln zur Quarantäne. Es ist jedoch klar, dass sich durch die Konzentration vieler Menschen auf engem Raum die Gefahr für Ansteckungen und die Ausbreitung von Krankheiten erhöht. Im Zuge nachgewiesener Infektionen in zahlreichen Flüchtlingsunterkünften, wie z.B. im württembergischen Ellwangen, im bayerischen Ankerzentrum in der Nähe der unterfränkischen Stadt Schweinfurt, in Landshut, in der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber*innen in Halberstadt und in der südthüringischen Unterbringungseinrichtung in Suhl wurden die betroffenen Einrichtungen abgeriegelt. Durch diese Abriegelung wird ein Zaun um Infektionsherde gezogen und die dort untergebrachten Menschen ihrem Schicksal überlassen. Die hygienischen Zustände verschlechtern sich und die Angst, ob den fehlenden Möglichkeiten sich unter den gegebenen Bedingungen zu schützen, greifen in den Lagern um sich. Günter Burkhardt, der Geschäftsführer von Pro Asyl legt nahe die Großunterkünfte zu schließen und ihre Bewohner*innen auf die Kommunen zu verteilen, um einer Ausbreitung des Virus entgegenzuwirken, doch die jeweiligen Landesregierungen nehmen zusätzliche Ansteckungen, Krankheiten und Tode im Dienste ordnungspolitischer Erwägungen in Kauf. Diese Praxis ist fahrlässig und menschenverachtend. Dieser Form sozialer Ausgrenzung und Isolation möchten wir Solidarität mit den betroffenen Menschen entgegensetzen. Während sich in den Massenunterkünften zahlreiche Menschen auf engstem Raum drängen müssen, bieten unsere Häuser, Wohnungen und Schlafzimmer Raum, um diese Menschen unterzubringen. Der Entrechtung und Desintegration in den Lagern setzen wir das Bürger*innenasyl entgegen. Mit dem Bürger*innenasyl erklären wir unsere Willen Geflüchtete und von Abschiebung bedrohte Menschen notfalls privat unterzubringen. Dieses Vorhaben ist nicht legal, jedoch legitim und notwendig. Der Sinn und Zweck des Bürger*innenasyls sind nicht geheim, sondern politisch und wird bundesweit von zahlreichen Bürger*innenasyl-Initiativen verteidigt. Gerade jetzt, in einer Zeit sozialer Isolation und eines Rückzugs in Private, ist ein erneutes Bekenntnis zum Bürger*innenasyl von großer Bedeutung. Daher wollen wir mit dieser Fotoaktion ein solidarisches Zeichen setzen und zeigen „Wir haben Platz“ für weitere Menschen in unseren Häusern und Wohnungen! „Leave no one behind“!

 

 

„Flüchtlingslager schließen – Solidarität statt Abschottung“ Kreative Protestaktion am Aasee

+++Gemeinsame Pressemitteilung vom Bündnis gegen Abschiebungen,
Seebrücke Münster und Münster – Stadt der Zuflucht, 19. April 2020+++

„Flüchtlingslager schließen – Solidarität statt Abschottung“
Kreative Protestaktion am Aasee

Münster. 50 Menschen setzten am Samstagnachmittag am Aasee in Münster
ein sichtbares Zeichen für eine Evakuierung der Flüchtlingslager an der
EU-Außengrenze und im Inland sowie für die Aufnahme geflüchteter
Menschen angesichts der Corona-Krise. Die Teilnehmenden der
Protestaktion standen aus Gründen des Infektionsschutzes mit Mundschutz
einzeln in jeweils100m Abstand. Auf den mitgeführten Schildern standen
Slogans wie „In den Flüchtlingslagern ist jeden Tag Großveranstaltung.
Solidarität statt Abschottung“.
Karin Mäufer vom Bündnis gegen Abschiebungen erklärte aus Anlass der
Aktion: „Aufgrund der Tragödie am Osterwochenende, als drei Schiffe mit
Geflüchteten in Seenot geraten sind und das Rettungsschiff Alan Kurdi
daran gehindert wurde, die Geretteten von Bord zu lassen, ist die
Forderung zur Aufnahme Geflüchteter, zur Schließung von Lagern und zum
Ende der Abschottung aktueller denn je.“
Die drei Initiativen Bündnis gegen Abschiebungen, Seebrücke Münster und
Münster – Stadt der Zuflucht hatten die Aktion gemeinsam organisiert.
„Was wir immerhin tun können, ist die Situation der Menschen in den
Lagern wahrnehmen und in der Öffentlichkeit durch Aktionen wie diese
zeigen, dass die Sorge um die Geflüchteten zur gesellschaftlichen
Solidarität mit dazugehört“, so Christiane Berg von Münster – Stadt der
Zuflucht.
Stephan Lütke Hüttmann von der Seebrücke Münster äußerte sich zufrieden:
„Viele Rückmeldungen von Passant*innen waren sehr positiv. Das zeigt
uns, dass kreative Aktionen wie diese wichtig sind. Es bleibt notwendig,
trotz Kontaktsperre öffentlich auf die Auswirkungen der Corona-Krise für
geflüchtete Menschen aufmerksam zu machen. Kein Mensch ist sicher, bevor
nicht alle sicher sind. Deshalb kommt es gerade jetzt auf Solidarität
an.“

Offener Brief an: Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland Bundesministerium des Innern Innenministerien der Länder

Auch das Bürger*innenasyl Münster schließt sich dem offenen Brief an die Bundesregierung an, der von zahlreichen Organisationen der Geflüchtetenhilfe formuliert wurde:

19. März 2020

Coronavirus zwingt zum Handeln zum Schutz von Geflüchteten

Sehr geehrte Damen und Herren,
wegen des Coronavirus Sars-CoV-2 spitzt sich die Situation von
Geflüchteten in Europa immer weiter zu. Die Schutzmaßnahmen, die allen
anderen Menschen zuteilwerden, müssen ebenso auch für Geflüchtete
gelten. Aus diesem Grund erscheint es uns notwendig, folgenden Appell an
Sie zu richten:

1) Abschiebungen aus den Kommunen und aus den Landeseinrichtungen müssen
ausgesetzt werden. Abschiebehaft aufheben!
Nicht nur aus gesundheitlichen Gründen sind Abschiebungen momentan
unverantwortlich. Auch weil das öffentliche Leben weitgehend lahmgelegt
ist, könnten die Betroffenen keinen effektiven Schutz bei Anwält*innen,
Beratungsstellen oder anderen Einrichtungen erhalten. Alle Abschiebungen
sind daher bis auf weiteres auszusetzen. Die Verhängung von jeglicher
Abschiebungshaft ist somit natürlich unverzüglich zu beenden, die
Inhaftierten zu entlassen, um Menschenansammlungen auf geringem Raum zu
vermeiden.

2) Die griechischen Elendslager müssen sofort evakuiert werden!
Die drohende Corona-Gefahr und der fürchterliche Brand in einem Lager in
Moria, bei dem mindestens ein sechsjähriges Kind ums Leben gekommen ist,
zeigen einmal mehr, dass diese Lager so schnell wie möglich geschlossen
werden müssen! Über 40.000 Menschen leben unter erbärmlichen Zuständen
in den Lagern, davon über zehntausend Minderjährige. Die Menschen im
Niemandsland der türkisch-griechischen Grenze müssen zudem schnellstens
in Sicherheit gebracht werden.
Griechenland muss seinen von den europäischen Staaten bisher
mitgetragenen systematischen Rechtsbruch beenden. Die Bundesregierung
und die EU müssen dies massiv einfordern und durch die Verteilung der
Menschen an sichere Ort unterstützen, statt Gewalt und Rechtsbruch durch
einen Mitgliedsstaat stillschweigend zu dulden oder sogar ausdrücklich
zu begrüßen!

3) Die Menschen in den Sammelunterkünften der Länder müssen so­fort
kommunal zugewiesen werden!
In den Lagern der Bundesländer leben jeweils mehrere hundert Menschen
mit eingeschränkter medizinischer Versorgung, ohne Rückzugsmöglichkeit
und unter schlechten hygienischen Rahmenbedingungen. Diese Lager
verhindern nicht nur gesellschaftliche Teilhabe, sondern widersprechen
auch allen Empfehlungen, die die Expert*innen zur Corona-Prävention
geben. Die Landeseinrichtungen müssen geschlossen und die Menschen in
den Kommunen in Wohnungen oder vernünftigen Unterkünften untergebracht
werden.

Wir bitten Sie diese Forderungen ernstzunehmen und in dieser
angespannten Situation im Sinne eines Menschenrechtsschutzes aller zu
handeln.

Unterzeichnende Organisationen:

PRO ASYL
medico international e.V.
Komitee für Grundrechte und Demokratie
Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche
matteo – Kirche und Asyl
Ökumenisches Netzwerk Asyl in der Kirche in NRW e.V.
Flüchtlingsrat NRW
GGUA Flüchtlingshilfe
Institut für Theologie und Politik

Pressekontakte:

PRO ASYL
presse@proasyl.de
Postfach 160624
60069 Frankfurt/M.
Tel. 069-724231430

medico international e.V.
Dr. Ramona Lenz
info@medico.de
Lindleystr. 15
60314 Frankfurt/M.
Tel. 069-94438-23

Komitee für Grund­rechte und Demokratie
Britta Rabe
brittarabe@grundrechtekomitee.de
Aquinostraße 7-11
50670 Köln
Tel. 0221-9726930

Ökumenisches Netzwerk Asyl in der Kirche/NRW
Benedikt Kern
nrw@kirchenasyl.de
Friedrich-Ebert-Str. 7
48153 Münster
Tel. 0251-524738

Beginn der Unterschriftenaktion

Gestern (17.02.2020) hat sich das Bürger*innenasyl im Anschluss an die Veranstaltung “Gleiche Rechte? Keine Spur! Wie die Verweigerung sozialer Rechte zum Mittel der Migrationsverhinderung wird“ in der Stadtbücherei Münster öffentlichkeitswirksam vorgestellt. Ab sofort können Menschen durch Unterschriften ihre Solidarität mit der Aktion Bürger*innenasyl erklären.Unterzeichnet werden kann die folgende öffentliche Erklärung:

Wir werden mit dem Bürger*innenasyl Menschen schützen, die von
Abschiebung bedroht sind!

Die Asylrechtsverschärfungen der letzten Jahre zeigen ihre Konsequenzen
auch in Münster. Es kommt zu einer zunehmenden Durchsetzung von
Abschiebungen. Deshalb wollen wir jetzt handeln und öffentlich erklären:
Wir werden von Abschiebungen bedrohten Menschen Bürger*innenasyl in
Münster gewähren. Wir werden notfalls die Menschen privat unterbringen
und uns mit ihnen solidarisieren.
Ist ein Bürger*innenasyl gegen Abschiebungen „legal“? Nein, aber legitim
und notwendig. Es ist bewusst nicht geheim sondern sein Sinn und Zweck
ist politisch. Wenn Appelle und Demonstrationen nicht ausreichen, ist
ziviler Ungehorsam im Namen der Menschlichkeit geboten. Deswegen
erklären wir nun öffentlich, das Bürger*innenasyl als ein notwendiges
Mittel durchzuführen. Damit sind wir nicht allein, sondern wir schließen
uns bundesweit anderen Bürger*innenasyl-Initiativen an, die Menschen
aktiv vor Abschiebungen schützen.