Vortrag Kontrolle und Überwachung von Geflüchteten

BürgerInnenasyl als Strategie des Widerstands
Vortrag von Christina Rogers (Kulturwissenschaftlerin, FU Berlin)

Dienstag, 21. Juni 2022 um 19:00-21:00 Uhr im Fürstenberghaus (Raum F2), Domplatz / Münster

Auch wenn die Diskussionen um Pandemie und Krieg Fragen der Migration und Flucht in den letzten Jahren überschattet haben, ist die Situation von Geflüchteten auf dem Weg nach Europa und zu einem menschenwürdigen Leben hier nicht einfacher geworden. Vielmehr versucht die Europäische Union ihr Grenzmanagement immer weiter zu perfektionieren – und damit die Spielräume für Geflüchtete immer kleiner zu machen, sie einer immer perfekteren Verwaltung zu unterwerfen. Neben den äußeren, tödlichen Grenzen der EU spielen dabei die inneren Grenzen einer immer größere Rolle, die mittels der Sammlung und Überwachung von Daten, etwa durch spezielle Datenbanken, aufgerichtet werden. So lässt sich am Beispiel der Situation der Geflüchteten erkennen, wie Digitalisierung und Technisierung im Rahmen des Risikomanagements zu neuen Formen biopolitischer Herrschaft führen. Neben der Analyse dieser Herrschaftsformen soll es in der Veranstaltung aber auch darum gehen, wie wir solidarische Strategien des Widerstands entwickeln können, die uns gemeinsam helfen die aufgerichteten Grenzen zu unterlaufen – wie zum Beispiel das Bürger*innenasyl.

Veranstaltet von der Initiative Bürger*innenasyl Münster und der
Hochschulgruppe Analyse & Kritik

Plötzlich ungeimpft?!

Geflüchtete, die mit Johnson und Johnson geimpft wurden haben nun ihren
Impfstatus verloren

Erklärung der Bürger*innenasyl-Initiative Münster

Mitte Januar wurde ohne Vorwarnung oder eine Übergangsfrist vor allem
Geflüchtete und Wohnungslose und Menschen mit starker sozialer
Benachteiligung um ihren Impfstatus gebracht: Von heute auf morgen waren
die, die sich ein Mal mit dem Wirkstoff Johnson und Johnson (J&J) haben
impfen lassen und dadurch für vollständig geimpft galten, eben das
nicht mehr. Bundesweit haben durch die Entscheidung des
Paul-Ehrlich-Instituts rund 3 Mio. Menschen ihren Impfstatus verloren.

J & J war zuvor insbesondere an Menschen verimpft worden, die aufgrund
ihrer sozialen Situation als für eine zweite Impfung schwer erreichbar
galten und hatte nach nur einer Impfung vollen Impfschutz versprochen. Das
gilt nun nicht mehr. Für alle mit diesem Impfstoff geimpften,
insbesondere also Angehörige sozial benachteiligter Gruppen gilt nun,
dass sie nun als Ungeimpfte aus weiteren Bereichen des öffentlichen
Lebens ausgeschlossen werden. Gerade aber für diese Menschen sind die
organisatorischen und administrativen Hürden enorm, eine weitere Impfung
zu organisieren.

Im Bürger*innenasyl solidarisieren wir uns mit Menschen ohne legalen
Aufenthaltsstatus. Diese sind größtenteils einmal mit J&J geimpft. Für
sie bedeutet diese Entscheidung eine weitere Einschränkung ihrer
Möglichkeiten am sozialen Leben teilzunehmen. Anonyme Impfungen, bei
denen sich auch Personen ohne legalen Aufenthaltsstatus impfen lassen
können sind ebenfalls schwer zugänglich.

So treffen staatliche Maßnahmen der Pandemiebekämpfung wie diese,
marginalisierte Gruppen wie Geflüchtete und Illegalisierte mit
besonderer Härte und verschärfen deren sozialen Ausschluss.

Umso besorgniserregender ist, dass dieser Aspekt der Auswirkungen von
Maßnahmen des Infektionsschutzes in der Öffentlichkeit kaum Beachtung
findet. Als Initiative Bürger*innenasyl Münster haben wir bereits Ende
2021 die 3G-Kontrollen kritisiert, die Menschen ohne Aufenthaltsstatus in
besonderer Weise treffen und beispielsweise die Nutzung des öffentlichen
Nahverkehrs ausschließen. Die Aufhebung des Impfstatus von mit J&J
Geimpften erscheint uns in dieser Situation als ein weiterer Schritt, die
massive Entrechtung von Geflüchteten/Wohnungslosen gerade in Zeiten der Pandemie weiter zu verschärfen. Hier ist also Solidarität gefragt, die deutlich
macht, dass es einen sinnvollen Umgang mit der Pandemie nur geben kann,
wenn die sozialen Auswirkungen gesundheitspolitischer Entscheidungen
mitbedacht werden.

Bürger*innenasyl-Initiative Münster, Februar 2022

Für die Bewegungsfreiheit von Menschen ohne Papiere!

  • 2G/3G-Kontrollen im öffentlichen Leben beenden!
  • Uneingeschränkter Zugang für illegalisierte Menschen zu Impfungen und Tests!

Aufgrund der aktuellen Entwicklungen und Bestimmungen in den Corona-Schutzverordnungen finden Ausweiskontrollen allgegenwärtig statt. Eine Kontrolle der 2G/3G-Regeln in öffentlichen Verkehrsmitteln, Bildungseinrichtungen, Krankenhäusern (auch wenn Notfälle hiervon bislang ausgenommen sind), Arztpraxen, Cafés, Restaurants oder im Einzelhandel bedeutet immer auch die Möglichkeit der Kontrolle von Ausweisen neben den Test-/Impfnachweisen. Für Menschen ohne einen gültigen Aufenthaltsstatus bedeutet das die ständige Angst davor, dass nach ihren Papieren gefragt wird, und sie, wenn sie kein gültiges Ausweisdokument vorweisen, schlimmstenfalls in Abschiebehaft landen und abgeschoben werden können. Daher werden durch die Möglichkeit solcher Kontrollen diese Menschen faktisch vom alltäglichen Leben ausgeschlossen und in ihren fundamentalen Rechten und ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Dieser Ausschluss gilt für alle illegalisierten Menschen – unabhängig davon, ob sie geimpft sind oder nicht. Diese Problematik wurde in der Debatte um die Corona-Schutzmaßnahmen bisher überhaupt nicht thematisiert. Da wir eine Bewegungsfreiheit für alle Menschen für notwendig und unveräußerbar halten, sehen wir darin ein Problem, wenn durch Zugangsbeschränkungen die „Normalität“ aufrecht gehalten werden soll.

Wir als Bürger*innenasyl-Initiative möchten in der Öffentlichkeit zeigen, dass die systematische Entrechtung illegalisierter Menschen inhuman ist und Abschiebungen gestoppt werden müssen. Dies tun wir nicht nur in Form von einer öffentlichen Kampagne, sondern auch in der praktischen Unterbringung und Unterstützung im Alltag. Menschen ohne gültige Ausweispapiere leben in einer ständigen Angst vor Kontrollen durch Polizei und Behörden. Viele Menschen im Bürger*innenasyl haben in ihrem Alltag deshalb Strategien entwickelt, um am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Sie sind in ihrem Alltag gezwungen, möglichen Polizeikontrollen aus dem Weg zu gehen – auch wenn dies natürlich nur bedingt möglich ist. Dies wird durch die derzeitigen Corona-Schutzmaßnahmen erschwert und bedeutet für diese Menschen eine erneute und zusätzliche Isolation und Disziplinierung.

Kontrollen abzuschaffen, statt sie auf immer mehr Lebensbereiche auszuweiten, ist also wie die Forderung nach Bürger*innenasyl eine Frage der Solidarität mit illegalisierten Menschen. Zudem brauchen Menschen im Bürger*innenasyl einen uneingeschränkten und anonymisierten Zugang zu Impfungen und Tests. 

Gerade unter den Pandemiebedingungen halten wir daran fest: Abschiebungen stoppen! 2G/3G-Kontrollen abschaffen! Bleiberecht und Bewegungsfreiheit für alle!

Bürger*innenasyl-Initiative Münster, Dezember 2021

Auf nach Köln – „Grünes Licht für Aufnahme!“

Polski poniżej
English below

+++ Demo 14.11.21, 14:00 in Köln: Grenzen auf. Leben Retten – #GrünesLichtFürAufnahme +++

Triggerwarnung: Gewalt, Tod

Seit Wochen ist die Situation im belarussisch-polnischen Grenzgebiet katastrophal. Menschen, die über Belarus versuchen in die EU zu fliehen, werden systematisch aus Polen zurück in eine militärisch abgeriegelte Pufferzone gedrängt und dort festgehalten. Sie sind schutzlos Kälte, Nässe und Hunger ausgeliefert. Laut Hilfsorganisationen sind bereits bis zu 200 Menschen gestorben, teils nach gewaltsamen Pushbacks von polnischen Grenzsoldat*innen. Für schutzsuchende Menschen gibt es weder ein Vor noch ein Zurück, Hilfsorganisationen und Presse wird der Weg zum Grenzgebiet versperrt. Währenddessen fordert Horst Seehofer am Tag des Mauerfalls eine „bauliche Sicherung“.

Diesen schweren Menschenrechtsverletzungen darf nicht weiter zugesehen, dieser menschenfeindlichen Rhetorik kein Raum gegeben werden. Die Ampel-Koalition und das BMI müssen endlich handeln, um eine humanitäre Katastrophe mit vielen weiteren Toten zu verhindern! Menschenleben sind kein politischer Spielball und Menschenrechte trotz Koalitionsverhandlungen #unverhandelbar, stellt die Ampel auf Grün für Aufnahme!
Deshalb mobilisieren wir NRW-weit für diesen Sonntag, 14.11. um 14 Uhr zentral nach Köln (Hans-Böckler-Platz): Seid laut, tragt mit uns euren Protest auf die Straße! #GrünesLichtFürAufnahme JETZT!

+++ Demo 14.11.21, 14:00 w Kolonii: Otwarte granice. Ocalić życie +++

Ostrzeżenie: przemoc, śmierć

Od tygodni sytuacja na białorusko-polskim pograniczu jest katastrofalna. Ludzie, którzy próbują uciec do UE przez Białoruś, są systematycznie wypychani z Polski do zamkniętej militarnie strefy buforowej i tam przetrzymywani. Są oni bezbronni, narażeni na zimno, wilgoć i głód. Według organizacji pomocowych zmarło już do 200 osób, częściowo w wyniku brutalnego odepchnięcia przez polską straż graniczną. Dla ludzi szukających ochrony nie ma ani drogi do przodu, ani drogi powrotnej; organizacje pomocowe i prasa są zablokowane w strefie przygranicznej. Tymczasem Horst Seehofer wzywa do „bezpieczeństwa konstrukcyjnego“ w dniu upadku muru berlińskiego.
Nie można pozwolić, aby te poważne naruszenia praw człowieka trwały nadal, nie można pozwolić, aby ta antyludzka retoryka nie miała miejsca. Nowy rząd i niemieckie federalne ministerstwo spraw wewnętrznych muszą wreszcie podjąć działania, aby zapobiec katastrofie humanitarnej, w której zginie o wiele więcej osób! Ludzkie życie nie jest politycznym pionkiem, a prawa człowieka są nienegocjowalne pomimo negocjacji koalicyjnych, ustawcie światła drogowe na zielone dla przyjęcia!
Dlatego mobilizujemy całą NRW na najbliższą niedzielę, 14.11, 14:00, centralnie w Kolonii (Hans-Böckler-Platz): Bądźcie głośni, wyjdźcie z protestem na ulice razem z nami!

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+++ Demo 14.11.21, 14:00 in Cologne: Open borders. Save lives +++
Trigger warning: Violence, Death
For weeks, the sitjuation in the Belarusian-Polish border area has been catastrophic. People trying to flee to the EU via Belarus are systematically forced back from Poland into a militarily sealed-off buffer zone and held there. They are defencelessly exposed to cold, wetness and hunger. According to aid organisations, up to 200 people have already died, partly after violent pushbacks by Polish border guards. For people seeking protection, there is neither a way forward nor a way back; aid organisations and the press are blocked from the border area. Meanwhile, Horst Seehofer is calling for „constructural security“ on the day of the fall of the Berlin wall.
These grave human rights violations must not be allowed to continue, this anti-human rhetoric must not be given any room. The new government and the German Federal ministry of Interior must finally act to prevent a humanitarian catastrophe with many more deaths! Human lives are not a political pawn and human rights are nonnegotiable despite coalition negotiations, put the traffic lights on green for admission!
That’s why we are mobilising NRW-wide for this Sunday, 14.11, 2PM, centrally in Cologne (Hans-Böckler-Platz): Be loud, take your protest to the streets with us!

Gekommen um zu bleiben

„Gekommen um zu bleiben!“ – Solidarität mit Geflüchteten. Neueinsteiger*innentreffen sowie Vortrag & Diskussion des Bürger*innenasyls             

Datum: Donnerstag, 11.11.2021

Uhrzeit: 18:00-19:30 Uhr

Ort: Aula der ESG (Evangelische Studierenden Gemeinde, Breul 43, 48143 Münster)

 

 

 

Solidarität mit Geflüchteten ist eine humanitäre Notwendigkeit! Dennoch ist die Normalität an den europäischen Außengrenzen und mit der Internierung Geflüchteter in Lagern wie beispielsweise auf der Insel Samos eine andere. Die repressive Politik europäischer Staaten führt zu einer andauernden humanitären Katastrophe. Auch innerhalb der deutschen Grenzen zeigen der Ausbau von Sammelunterkünften und die Intensivierung von Abschiebungen die Notwendigkeit von Solidarität mit Geflüchteten auf. Aus diesem Grund wollen wir mit euch über Möglichkeiten der Praxis des Schutzes von Geflüchteten (mit einem Schwerpunkt auf Münster und NRW) diskutieren und auch Menschen hören, die eine Zeit lang im Bürger*innenasyl verbracht haben. Der Abend soll ebenfalls Raum bieten, das Konzept des Bürger*innenasyls als Form der praktischen Solidarität mit Geflüchteten zu diskutieren.

Aufruf Fahrraddemo Münsterland 05.06.-06.06.2021

Aufruf Fahrraddemo „Ziel: Sicherer Hafen Münsterland! Brücken bauen! Hafen werden! Leben retten!“

Am 10.12.2012 hat die Europäische Union den Friedensnobelpreis erhalten – wenn das mal nicht eine Anerkennung für Jahrzehnte Frieden, Demokratie oder offene Grenzen ist.

Doch was ist er wert, wenn täglich in der EU Geflüchtete auf der Suche nach Schutz und Asyl bedroht, gewaltsam zurückgedrängt oder diskriminiert werden?

Was ist er wert, wenn unsere Regierung täglich wegschaut, Geschäfte mit Rüstungskonzernen abschließt und sich noch dafür feiert, wenn mal etwas über 1.000 Menschen aufgenommen werden?

Was ist er wert, wenn in den lokalen Sammelunterkünften Menschen eingesperrt werden, sich kaum privat bewegen dürfen, keine Privatsphäre haben und ständig mit der Angst leben müssen abgeschoben zu werden und wieder in die Situation zurückgeschickt werden aus der sie geflohen sind?

Und was ist er wert, wenn sich Kommunen nicht mit Geflüchteten solidarisieren und deren Aufnahme verweigern?

Nichts ist er wert!

Daher heißt es raus auf die Straße zum Protest, denn im September sind Bundestagswahlen!!! Wir setzen uns dafür ein, dass endlich ein Richtungswechsel im Bund stattfindet, sich die Flüchtlings- und Migrationspolitik ändert und der/die zukünftige Innenminister*in nicht durch die CDU/CSU besetzt wird.

Wer organisiert den Protest?
Im Dezember 2020 haben sich Seebrücken aus dem Münsterland & Osnabrück, die Asylhilfe Haltern, die Friedensfreunde sowie Einzelpersonen aus Drensteinfurt miteinander vernetzt und wir haben uns Gedanken gemacht, wie wir die Thematik gemeinsam in den kleineren Gemeinden einbringen und die Menschen vor Ort erreichen können.

Dabei sind die Städte:
Ahaus, Gronau, Hörstel, Recke, Ibbenbüren, Osnabrück, Emsdetten, Lüdinghausen, Dülmen, Coesfeld, Nordkirchen, Rosendahl, Billerbeck, Nottuln, Haltern, Senden, Drensteinfurt, Oelde, Beelen, Warendorf, Telgte & Münster

Wie wird protestiert?
Am ersten Juni-Wochenende wird im gesamten Münsterland & Osnabrück eine Fahrraddemo unter dem Motto „Ziel: Sicherer Hafen Münsterland! Brücken bauen! Hafen werden! Leben retten!“ stattfinden. Zudem werden wir in Orange, der Farbe der Seenotrettung, auftreten. Mit Fahnen, Rettungswesten, Bannern, Rede- und Musikbeiträgen setzen wir ein Zeichen für Menschenrechte an den europäischen Außengrenzen.

Unser Ziel?
Die Aktion stellt einen sichtbaren und lauten Protest gegen den politischen Kurs der Bundesregierung und der EU an den europäischen Außengrenzen dar. Sie setzt gleichzeitig auch ein Zeichen in den Kommunen, in welchen entsprechende Anträge sich zum sicheren Hafen zu erklären, bislang abgelehnt wurden.

Wann und wo wird in Münster protestiert?
Am 06.06.2021, um 12 Uhr wird die Demo an der ZUE in Gremmendorf starten. Von da aus fahren wir mit dem Fahrrad zum Schlossplatz, um auf die ankommenden Gruppen aus den Richtungen Lüdinghausen, Drensteinfurt, Emsdetten & Telgte zu treffen. Treffen ist dort um 14 Uhr. Dann fahren wir in Orange zusammen durch die Stadt zum Abschlussort Hafenplatz.

Zudem schützen wir uns vor parteipolitischer Vereinnahmung und bitten daher von eigenen Symbolen, Fahnen o.ä. auf unserer Fahrraddemo abzusehen.

Wir sehen uns am Demowochenende!

Solidarische Grüße!

Seebrücke Münster, Welcome Münster, Odak Kulturzentrum, Sea-Eye Münster

Pressemitteilung der Initiative BürgerInnenasyl Münster vom 6. Mai 2021

Keine Kriminalisierung des BürgerInnenasyls in Münster und Hanau

Gericht argumentiert mit Meinungsfreiheit

Münster. Das Strafverfahren gegen drei Engagierte der Initiative BürgerInnenasyl Münster wurde eingestellt. Das Amtsgericht Münster hat den Antrag auf einen Strafbefehl der Staatsanwaltschaft abgewiesen und begründet dies umfassend mit der Meinungs- und Pressefreiheit.

Im Oktober 2020 berichteten die Westfälischen Nachrichten über die Arbeit der Initiative (WN, 08.10.2020: https://www.wn.de/Muenster/4290292-Initiative-Buerger-innenasyl-Muenster-Abschiebungen-verhindern-Rechtsbruch-fuer-mehr-Solidaritaet), die sich für den Schutz von Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus einsetzt. Im Nachgang zu dem Presseartikel kam es zur einer Strafanzeige mit dem Vorwurf, dass die drei VertreterInnen der Initiative öffentlich zu einer Straftat aufgerufen hätten, indem sie sich für die Aufnahme von durch Abschiebung Bedrohten aussprachen.

Der Amtsrichter begründete seinen Beschluss: Die Äußerungen der betreffenden Personen seien als „allgemeine rechtliche und ethische Würdigung des eigenen Handelns zu verstehen, der Tatbestand einer Aufforderung zu einer Straftat nicht gegeben.“ Es sei zudem wichtig für die Presseberichterstattung, dass JournalistInnen die Möglichkeit haben, „Urheber von Initiativen namentlich zu nennen und abzulichten, um dem Leser einen persönlichen Eindruck von diesen zu verschaffen und derartige Initiativen nicht lediglich als abstraktes gesellschaftliches oder rechtliches Konstrukt darzustellen.“

„Der Einsatz für die Rechte von Geflüchteten und gegen Abschiebungen kann nicht ohne weiteres kriminalisiert werden. Wir fühlen uns in unserem Engagement bestätigt“, so Dr. Petra Fischbach von der Initiative BürgerInnenasyl Münster. „Wir erhoffen uns, dass mehr Menschen in Münster sich unserer Initiative anschließen und unsere Arbeit unterstützen!“

Heute, am 6. Mai 2021, ist am Landgericht Aschaffenburg auch unser Mitstreiter Hagen Kopp aus Hanau freigesprochen worden. Auch er wurde wegen des gleichen Vorwurfes angeklagt, dann in der ersten und nun auch in der zweiten Instanz freigesprochen.

Zum BürgerInnenasyl:

Bundesweit gibt es BürgerInnenasyl-Initiativen in einigen Städten. Geflüchtete werden in privaten Haushalten aufgenommen und beherbergt, um sie vor der drohenden Abschiebung zu schützen. Ein BürgerInnenasyl kann die Überstellungsfrist bei Dublin-Abschiebungen überbrücken und den Betroffenen Zeit verschaffen, um einen legalen Aufenthaltstitel zu bekommen.
Im Selbstverständnis der Münsteraner Initiative heißt es: „Wir finden, dass Menschen, die in Münster Schutz oder ein besseres Leben suchen, dies auch finden sollen. Wir wollen Betroffene schützen und ein klares Zeichen setzen. Unsere Initiative ist bewusst nicht geheim, ihr Sinn und Zweck ist politisch. Wir wollen in einer solidarischen Stadt leben und verstehen Bürger*innenasyl als Teil einer weltweiten Bewegung, die sich dafür einsetzt, dass Menschenrechte für alle Bewohner*innen einer Stadt gelten. Alle haben ein Recht auf Wohnraum, Bildung, Gesundheit, Einkommen und Mobilität – unabhängig von (Aufenthalts-) Status oder Pass.“

Kundgebung vor der ZUE am 27.02.

Am Samstag haben wir erneut mit einer Fahrraddemo und einer anschließenden Kundgebung vor der ZUE auf die untragbaren Zustände Geflüchteter in Sammellagern aufmerksam gemacht. Nach einer Startkundgebung vor der Ausländerbehörde beteiligten sich etwa 200 Menschen an einem Fahrradkorso bis zum Albersloher Weg 450. Dort, vor der ZUE, gab es neben musikalischer Begleitung zahlreiche Redebeiträge. Themen waren dabei unter anderem der grassierende Rassismus in der deutschen Gesellschaft, die europäische Abschottungspolitik und die Gewalt, die Geflüchtete auf der Balkanroute erfahren. Die Gruppe „Zusammenleben Willkommen“ berichtete von ihrer Arbeit, WG-Zimmer für geflüchtete Menschen zu finden, um deren Diskriminierung auf dem Wohungsmarkt entgegenzuwirken. Ein Bewohner der ZUE erzählte, dass er nach Deutschland gekommen sei, um in Sicherheit und unter Achtung der Menschenrechte leben zu können, sich aber nun erneut Anfeindungen und Bedrohungen ausgesetzt sieht. Mit dem Bürger*innenasyl setzen wir dem entwürdigenden Umgang mit Menschen in Lagern eine solidarische Alternative entgegen. Wir nehmen den rassistischen Normalzustand nicht ohne Widerspruch hin und werden uns auch am 27.03. und 24.04. wieder am Protest vor der ZUE beteiligen! Unsere gelebte Solidarität gegen jedes politisches Projekt der Abschottung!

Wir danken all den Menschen, die auch am Samstag wieder mit uns auf die Straße gegangen sind und freuen uns, dass auch dieses Mal zahlreiche Menschen unseren Aufruf zum Bürger*innenasyl unterzeichnet haben. 

 

Kundgebung vor der ZUE

Heute morgen (10-12 Uhr) haben wir erneut und gemeinsam mit Menschen aus der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Münster vor Ort unseren Protest gegen Abschiebungen auf die Straße getragen. Im vergangenen Monat wurden, während der wöchentlichen Geldausgabe in der ZUE, wiederholt Geflüchtete von der Polizei zur anschließenden Abschiebung festgehalten. Trotz schlechtem Wetter und früher Uhrzeit kamen sowohl einige Unterstützer*innen als auch Menschen aus der ZUE zusammen. Neben Redebeiträgen von Menschen, die in der ZUE untergebracht sind, wurde auch der Beitrag einer Person geteilt, die sich aktuell im Bürger*innenasyl befindet und ihre schrecklichen Erfahrungen mit der Abschiebemaschinerie in einer anderen ZUE in NRW erzählt:

It all started when I got the last rejection of my asylum application. The lawyer told me by mail that I must be deported from Germany. During these events, at four in the morning, a police force raided the residence in which I lived and arrested a Syrian person. The force was from more than 6 wheels and many heavily armed policemen. He was forcibly deported without his knowledge. From now on, I decided not to get deported because I saw that the young Syrian was treated like a criminal, as he was handcuffed and put in a detention car.

My friend and I agreed that he would sleep in my room while I slept in his room.

Indeed, after 3 days, a police force came to the refugee camp we are in and entered my room with the help of security men. They opened the room door and found my friend. They asked him to show them papers proving that it was not me, and when the government office in the camp proved that it was not I, they released him During this event, I fled to the nearby forest until the sun rose

Then my friend decided not to do it again out of the severity of the fear and the way in which he was treated.

The matter was repeated a second time after 8 days. A force greater than the first one raided my place of sleep. This time was a surprise as they brought two dogs with them. I was watching them from a few meters away and I managed to escape and this time I hid in my friend’s room.

The main problem is that the police get to know that we are inside the camp through the government office. This is because there are cards with our names that are checked in and out and while eating and while receiving cash allocations. Through this the police are informed of the presence of the asylum seeker

The third and last time that my room was raided was not by the police forces that we know. This time it was from forces wearing civilian clothes equipped with civilian cars and not police cars. They were accompanied by three or four police cars, in addition to the cars they were in. When they came, they closed the building and carefully inspected all those living in the building

But I was already outside while my friends told me that they also searched the rooms next to my room, and after that the security forces in the camp locked the room and took all my belongings from the room.

It was almost as if they were chasing a criminal or a predator. They were bringing weapons as if they wanted to fight.

I did not come to Germany to see the strength with which you could suppress an asylum seeker who came to be protected.

Sorry if my story is long! Sorry, but this part of the story went on for hours, on several days. You cannot imagine how excited you are and think that every hour you will be caught. You cannot sleep in your bed. You cannot eat your food without fear that the police will enter the food area and arrest you. This is a reality as if we were in our country from which we went out to protect our lives.

Gedanken zum neuen EU-Migrationspakt

In der vergangenen Woche stellte die Europäische Kommission ihren neuen Entwurf für einen EU-Migrationspakt vor, der den ewigen Streit der EU-Mitgliedsstaaten über die Aufnahme von Geflüchteten beenden soll. Der Entwurf stellt einen schweren Einschnitt für die Unterstützung Geflüchteter dar, da er darauf abzielt, Abschiebungen weiter zu normalisieren und zu intensivieren. Doch zunächst zum Inhalt:

Zukünftig soll es an den europäischen Außengrenzen umfangreichere Vorprüfungen geben. Dies soll dazu dienen, Geflüchtete, die aus Ländern mit geringer Anerkennungsrate kommen, in einem bis zu zwölfwöchigen schnellen Grenzverfahren zu behandeln.

Anstelle verpflichtender Umverteilungen soll es zukünftig finanzielle Anreize für die Aufnahme Geflüchteter geben, d.h. dass Länder die Geflüchtete aus anderen Mitgliedsstaaten übernehmen, dafür aus einem gemeinsamen Budget Gelder erhalten. In normalen Zeiten ist die Unterstützung bei der Aufnahme Geflüchteter freiwillig. Kommt es allerdings zu einer Krisensituation, in der ein Land überdurchschnittlich viele Geflüchtete aufnimmt, kann dies einen sogenannten Mechanismus für verpflichtende Solidarität auslösen. In diesem Moment müssen die anderen EU-Mitgliedsstaaten dem Land helfen, indem sie entweder Geflüchtete aufnehmen, beim Migrationsmanagement unterstützen oder sogenannte „Abschiebepartnerschaften“ eingehen. Bei diesem Prozess übernimmt ein EU-Land die Rückführung einer bestimmten Anzahl abgelehnter Asylberwerber*innen in einem anderen Land (https://www.tagesschau.de/ausland/eu-asylpakt-101.html). Dazu soll ein europäischer „Rückführungskoordinator“ ernannt sowie der Einsatz von Frontex für Abschiebungen intensiviert werden.

An den Dublin-Regeln wird grundsätzlich festgehalten, zukünftig sollen aber auch andere Kriterien, wie z.B. Familienzusammenführungen eine Rolle spielen. Es werden zudem Empfehlungen für eine bessere Zusammenarbeit zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren bei der Seenotrettung erlassen, wobei Frontex überwachen soll, ob Grund- und Menschenrechte an den EU-Außengrenzen respektiert werden.

Der Migrationspakt präsentiert sich solidarisch, zielt aber vor allem darauf ab, Geflüchteten den Zugang nach Europa zu versperren. Er stellt eine erneute Diskursverschiebung dar, indem der Solidaritätsbegriff nun mit Abschiebepolitik verknüpft wird. Zukünftig gilt in der Europäischen Union als „solidarisch“, wer andere Länder bei der Abschiebung unterstützt. Der Begriff „Abschiebepatenschaften“ ist ein trauriges Zeugnis davon. Ein solches Vokabular zielt darauf ab, Geflüchtete zu entmenschlichen, zu verdinglichen und ein Vorgehen zu rechtfertigen, welches Menschen wie Waren hin- und herschiebt. Fraglich ist auch, wie sich diese „Abschiebepatenschaften“ konkret gestalten sollen. Werden die Regierungen der Länder an den Außengrenzen Europas zukünftig noch finanzielle Unterstützung für die Errichtung neuer Abschiebelager und zusätzlicher repressiver Organe bekommen? Werden die Lorbeeren für ein „gutes“ Migrationsmanagement künftig denen verliehen, die besonders konsequent abschieben?

Der neue Vorschlag für einen Migrationspakt kommt nicht ohne Absurditäten daher. So etwa das Amt des „Rückführungskoordinators“, welches die Abschiebungsbehörden auch auf supranationaler Ebene etabliert. Und ausgerechnet Frontex soll zukünftig die Wahrung der Menschenrechte überwachen? Die Organisation, die vor noch nicht allzu langer Zeit, bei Menschenrechtsverletzungen an Geflüchteten (etwa in Ungarn und Bulgarien) beide Augen zudrückte (vgl. https://correctiv.org/top-stories/2019/08/04/frontex-transparenz/ )?

Es ist nicht verwunderlich, dass die Idee für den Migrationspakt von deutscher Seite kommt. Mit Ursula von der Leyen als Kommissionspräsidentin und dem deutschen Vorsitz im Rat der Europäischen Union, scheint der Zeitpunkt für ein Projekt, welches die deutschen Interessen stärkt, gut gewählt. Doch gerade, weil das Projekt von deutscher Seite kommt, ist die Zivilgesellschaft nun besonders gefragt, diesem Entwurf, der die Festung Europa verstärkt und der die Entmenschlichung Geflüchteter vorantreibt, entschlossen entgegenzutreten. Wir werden nicht tatenlos zuschauen, während Abschiebungen als solidarischer Akt und als Dienst an der europäischen Wertegemeinschaft verkauft werden.

Kein Mensch ist illegal! Bleiberecht überall!